…wie schon bei der ersten Einreise nach Kirgistan gab es für uns auch dieselmal keinerlei Probleme. Das heißt aber nicht, dass es anderen auch so geht. So hatte Claus ein interessantes Erlebnis, als er beim Zoll die Autopapiere klar machte.
Es wurde in seiner Anwesenheit Geld über den Tisch geschoben. Trotz des Versuches das Schmiergeld etwas unauffällig unter einer Mappe zu platzieren, war es schier unmöglich nichts davon mitzubekommen. Vielleicht hat Claus auch die Vorführung nicht verstanden: das war die Anleitung, wie er sein Geld überreichen soll … oohhh mannn, der kapiert aber auch rein gar nix …
Die Grenzfritze nimmt das Geld natürlich nie persönlich entgegen. Schließlich wäre DAS illegal! Es wird auf den Tisch gelegt, wird irgendwie abgedeckt, und damit geht die Kohle auf den Grenzer über. So kann er sich immer rausreden, er habe ja nichts direkt angenommen…
Wegen der willkürlichen, durch den Grattler Stalin, gezogenen Grenzen, stellte sich unsere zweite Tour durch Kirgistan als etwas unentspannter heraus. Stalin hat die Grenzen damals nach gut Dünken bzw. nach politischen Gesichtspunkten gezogen. So wurde die „puzzelartige“ Grenze im Ferghanatal für uns zu einem echten Übel. Straßen, die zu Sowjet-Zeiten gebaut wurden, werden jetzt durch die „neuen“ Grenzen unterbrochen. Auch wenn es nur sehr wenige Kilometer sind, welche die Straße durch Usbekistan führt. Die Usbeken sind da im Gegensatz zu den Kirgisen extrem unflexibel. Also werden nicht nur Straßen, sondern auch Strommasten „umgeleitet“.
Es gibt auch Inseln, Enklaven, die rein gar nix können, einfach nur ödes Land. Trotzdem halten die Usbeken die Stellung und lassen niemand durch – die vollen Schibulgen* eben. Ein Visum hatten wir ja auf der usbekischen Botschaft in Almaty nicht bekommen. Das hätte uns aber auch nicht viel genützt, den ein Multiple-Entry-Visum wäre von Nöten gewesen. Selbst damit soll es nach unseren Informationen schwierig sein.
Die durchtriebene Strategie Stalins ging schließlich viele Jahre später doch noch auf. Denn durch die willkürlich gezogenen Grenzen, wurden natürlich auch Volksgruppen, Familien und Land getrennt. Im Falle einer Abspaltung von der großen Sowjetunion wäre es dadurch zu Streitigkeiten gekommen … genau das ist jetzt auch der Fall. Dadurch ist man mit sich selber beschäftigt, hasst sich und steht sich deshalb selber im Weg. Ein ganz schön abgezockter Zeitgenosse dieser Iosseb Bessarionis dse Dschughaschwili, wie Stalin in original georgisch heißt. Wenn man so ließt was noch alles so unter seiner Diktatur passiert ist, stellen sich einem zwangsläufig die Nackenhaare auf.
Für uns bedeutete das letztendlich, dass wir viele Umwege, auch über üble Staubpisten, nehmen mussten. Das alles nur um zum Teil lächerliche „5m“ Usbekistan zu umfahren.
Azurblaue Flagge mit 12 im Kreis angeordneten Sternen
Diese Umgehungsstraßen werden nun von der EU finanziert. Das sah man deutlich an der EU-Flagge, welche auf den Bauschildern prangte. Dies sollte uns noch eine große Hilfe werden.
Der ganze Straßenbauaufwand nur, damit sie den ganzen Militärkrempel nach Afghanistan bekommen. Das konnten wir kurz zuvor mit eigenen Auge in den Zollpapieren an der Grenze sehen. Offenbar darf das Material auch nicht durch Usbekistan.
Als wir wieder mal solch eine staubige, im Bau befindliche Piste fahren mussten, passierten wir einen Checkpoint … hhhachchch … na klar wurden wir angehalten. Wir mussten beide mit unseren Pässen im Büro antanzen. Die Zollpapiere fürs Auto wollte er auch noch sehen. Erst tat der Jungspund in seinem Militärlook wichtig, lies sich viel Zeit und spielte mit unseren Pässen in seinen Händen herum. Natürlich war alles in Ordnung. Dann wollte er trotzdem … naaa – dreimal dürft ihr raten … natürlich: Geld! „Wir haben keins …!“ … „Na gebt mir eben ein Souvenir …“ … „ähhh, haben wir auch nicht!“ … „ … aber ihr habt doch einen Fotoapparat?!“ „Jaaa, – und???“ … „… oder die schicke Uhr an deinem Arm …“ … „Nix da – Finger weg!“ … so langsam flaute die „freundlich lächeln Phase“ ab. „Sind wir hier in Schibulgistan** oder was is hier los?!!“ … also lange schauen wir uns das nicht mehr an. „…so du Schlingel, wir, also Bürger der EU, bauen hier eure Straßen … da brauchen wir nicht noch weitere Gebühren entrichten!“ Der vor Selbstbewusstsein strotzende Schlawiner, schließlich hatte er ja die Militärklamotten an, ließ sich von seinem Vorhaben nicht abbringen. Gunter wurde es „langsam“ zu blöd. „Warte mal Claus, ich komm gleich wieder…“ er holte seine Fahrerlaubnis …hähh??? … kam zurück zu dem Wegelagerer und streckte sie ihm mit finsterer Miene entgegen. Dann zeigte auf’s Passbild und auf die azurblaue Flagge mit den 12 im Kreis angeordneten Sternen und faselte dabei was von Inspektion und Straße und nahm sich die Reisepässe zusammen mit dem Zollschriebs. Plötzlich war der Schlingel verunsichert, wollte auch nix mehr haben – nein im Gegenteil, wir bekamen einen Geldschein als Souvenir mit auf den Weg … und unser Auto wurde noch mit einem Wasserschlauch abgespritzt.
So setzten wir unsere Fahrt fort und hatten noch eine Weile Spaß. Ja, so ein EU Führerschein macht schon was her!
Die unendliche Geschichte des defekten Kühlers
Die Versorgung wurde gegen Norden immer besser. Ab Dushanbe gab es sogar Mautstraßen. Trotz alledem zerfallen die auch neuen Straßen schon wieder.
Der undichte Kühler blieb weiterhin ein Problem. Dieser tropfte aber nur, wenn sich der Druck im Kühler an steilen Bergauffahrten erhöhte. Dies verständlich zu machen schien unmöglich, zumindest ist keiner auf unsere Erklärung eingegangen. Sie meinten dann immer, es sei das Thermostat defekt, was natürlich nicht der Fall war. Wir fanden irgendwie keine Kühlerreparatur-Werkstatt. Entweder hatten sie weder Wasserbad noch Lötzinn, Brenner und Druckluft, oder sie wollten den Kühler ausbauen, mitnehmen und „irgendwann“ irgendwo anders reparieren lassen, oder wie in Kyzyl Kiya auch geschehen: trotz Verabredung am nächsten Tag und ewigen Warten passierte nix, wir wurden einfach ignoriert … es fing langsam an lästig zu werden. Schließlich verbrachten wir Stunden, hach – Taaage mit der Suche, wurden kreuz und quer durch die Orte und Städte geschickt. Die immer gleichen Erklärung des Problems, welche eben niemand verstand. Das alles in irgendwelchen völlig heruntergekommenen Werkstätten – niemand konnte (oder wollte) ihn reparieren. Maaannn … das giiiibts doch gar nicht, kaufen die sich hier immer nur neue Kühler?!
Als wir schon fast die Hoffnung aufgegeben hatten, fragten wir ein letztes Mal beim Reifenservice, welcher unseren aufgeschlitzten Reifen reparierte.
Der schickte uns ein paar Meter weiter zu einem Kühlerfritzen. Vertrauenswürdig sah die Klitsche nun nicht gerade aus und die für eine Kühlerreparatur notwendigen Utensilien waren auch nirgends zu sehen. Aber der graubärtige, alte Mann wollte es unbedingt machen, obwohl wir eigentlich lieber weiter fahren wollten. Wir sollen nur den Kühler gegenüber in der abgerantzten Werkstatt ausbauen lassen … „Nee, nee, das machen wir schon selber, ist kein Ding.“
Er ließ den total vergammelten Lada vor seiner Werkstatt wegfahren, damit wir unter dem Baum im Schatten arbeiten konnten. Ist doch nett, oder?! Während wir am Kühlerausbau waren, sahen wir schon, wie er eine olle Lötlampe reparierte … „Jeeesusss, na das kann ja was werden…“ … wir hatten den Kühler schon Mal umsonst ausgebaut. Das geht doch schon wieder schief…
Nun wurde mit ollen Pfropfen der obere Einlass und unten der Auslass verschlossen und Wasser in den Kühler gefüllt …??? – anstatt den Kühler ins Wasserbad zu tauchen. Nun gut, er hatte eben keines. Mit einem Kompressor gab er Druck über den Einfülldeckel drauf, sodass es schwierig wurde, die Pfropfen mit der Hand fest in den Öffnungen zu halten. „Zum Glück“ rann Wasser aus den Lamellen und somit konnte die undichte Stelle lokalisiert werden. Nun kratzte er mit einem Schraubenzieher die zu lötende Stelle bis zum Messing blank. Jetzt kam die antike Lötlampe zum Einsatz. Am liebsten hätten wir sie mal gerieben, – vielleicht hätte Aladdin uns wenigstens einen Wunsch erfüllt.
Jedenfalls erwärmte er damit ein Eisen, welches das Lötzinn in das Leck fließen lassen sollte. Drei oder vier Mal wurde der Kühler mit Wasser befüllt und jedes mal wurde das Leck größer. Nun kappte er kurzerhand einen Strang der Kühllamelle und wollte sie mit Zinn verschließen. Als er mit dem verbogenen Schraubenzieher auf dem Kühler rumklopfte, fühlte sich das ganz und gar nicht gut an. Da mussten wir jetzt durch und hofften, das uns Aladdin auch ohne Lampe reiben beisteht…
… der vierte Test war zu unserer großen Erleichterung erfolgreich. Alle beteiligten waren sichtlich erleichtert. Die Anspannung verpuffte, alle freuten sich und lachten.
Für diesen Mann war es eine Ehrensache und so fiel der Preis für die Reparatur sehr niedrig aus. Wir bedankten uns hochachtungsvoll und hatten endlich einen dichten Kühler. Hoffentlich bleibt das auch so…
Schmiergelder
Bisher war wir ohne irgendwelche Strafen oder andere Zahlungen durchgekommen, aber man soll sich ja nie zu früh freuen. Gerade hatten wir darüber gesprochen, da überholte uns auch schon ein Polizeiauto, um uns anschließend anzuhalten. Der bekloppte Officer wirkte sehr entschlossen und selbstsicher. Er meinte, unsere Karre sei dreckig .. „??? – ja und?!!“ … und unser Knochen am Schnorchel sei gar nicht gut. „Waaasss, das ist unser Maskottchen – der ist Weltklasse!“ … der Typ wollte nur was in seine Tasche gesteckt bekommen, bekam aber natürlich nix.
Wenig später standen wir wieder einmal vor einem geschlossenen Grenzübergang, obwohl laut unserer Karte dorthin die größere Straße führte. Am Ende war es doch die andere Grenze an der vermeintlich kleineren Straße, die offen war.
Manch Grenzer versuchte ebenfalls seinen Schnitt zu machen, ging aber auch leer aus.
Als wir so in diesem sehr übersichtlichen und fast leeren Immigration-Gebäude am Ende der einzigen Schlange warteten, marschierten völlig unbeeindruckt drei Weiber an den ca. 15 wartenden Leuten vorbei, bis ganz nach vorne zum „Stempeldienst“, reichten die Pässe durch den Fensterschlitz und erwarteten wie selbstverständlich, dass sie direkt dran kämen. In der Schlange regte sich Unmut. Auch ohne die Sprache zu sprechen war klar, was hier los war. Die 3 Weiber schlenderten kopfschüttelnd und völlig verständnislos an den Wartenden vorbei und murmelten etwas von „nje panemaju“ (versteh ich nicht). Sie fragten tatsächlich auch, wo sie sich anstellen sollen. Voll krass, der Raum war völlig leer und es gab nur eine einzige Schlange. Keine Ahnung was wir davon halten sollen, aber es scheint schon so, dass es Leute gibt, für die Warteschlangen überhaupt keinen Sinn machen – und deshalb auch nicht das geringste Verständnis oder Schuldgefühl haben. Is doch normaaalll wa! Aber das haben wir seit der Mongolei ständig erlebt. Im Unterschied zu dieser Situation haben sie sich dort nur vor gedrängelt wenn man unvorsichtig war und 1cm Platz zu seinem Vordermann ließ. Hier sind sie gleich an allen vorbeimarschiert … voll krasss ey Alter! Alles in Allem waren die Kirgisen angenehme und freundliche Menschen. Das Land ist merklich bemüht voranzukommen, touristenfreundlich (wie man es unter anderem an den Grenzen merkt) und besitzt wunderschöne Landschaften. Und ganz ehrlich, wir gönnen es ihnen so richtig.
Erwähnenswert ist auch, dass wir hier so oft wie noch nie – quasi „täglich“ Entenbrust auf den Tellern hatten.
Unschlagbar preiswert und damit ein echtes Highlight.
…mal sehen mit was für Überraschungen die Kasachen so aufwarten …
*Schibulgen: Bürger des diktatorisch geführten, höchst korrupten, fiktiven und nicht anerkannten Staates Schibulgistan.
**Schibulgistan: diktatorisch geführter, höhst korrupter, fiktiver und nicht anerkannter Staat