Fahrzeugtechnik

Auf einer längern Reise bleibt es nicht aus, dass man hin und wieder etwas reparieren muss. Jede Technik versagt irgendwann und ja, auch Landcruiser sind vor Defekten nicht gefeit…
Die meisten Probleme sind eher klein, nichts desto trotz kann einen schon eine winzige Unpässlichkeit die Weiterfahrt vermiesen – wenn man nicht richtig vorbereitet ist.

Hin und wieder trifft man unterwegs Leute, die gerade mal fähig waren ein Rad zu wechseln. (Es gab auch schon mal einen, der konnte nicht mal das). Aus unserer Sicht ist das schon ein bisschen fahrlässig, schließlich ist in der großen, weiten Welt nicht viel los mit ADAC und Co.

Eine vernüftige Vorbereitung der technischen Art auf eine Reise jenseits von Europa teilt sich meiner Ansicht nach in 3 Teile: Werkzeug, Ahnung, Ersatzteile

Landcruiser HZJ75 anno 2003

Landcruiser HZJ75 anno 2003

Werkzeug

Der Toyota Landcruiser J7 ist im Grunde ein recht wartungs und reparaturfreundliches Gefährt. Es gibt keine wirklich wichtige Elektronik, alles was zum Fahren benötigt wird ist rein mechanisch. Man kann also eigentlich alles mit durchschnittlichem mechanischen Verständnis reparieren.

Im Laufe der Zeit hat sich bei mir ein Werkzeugsatz herausgebildet, der ziemlich gut die häufigsten Probleme abdeckt.

in jedem Fall:

Ring/Gabelschlüsselsatz 7-24mm
Ratschenkasten 1/2″ und 1/4″ (der von Proxxon war nicht schlecht und ist bezahlbar)
Ringratschenschlüssel 10-17mm (sind einfach praktisch)
Drehmomentschlüsel 1/2″ -200NM
Schraubendrehersortiment (Schlitz und Kreuzschlitz)
Wasserpumpenzange
Gripzange
Nietzange (hauptsächlich für`s Dachzelt)
Crimpzange für isolierte und unisolierte Kabelschuhe (bitte nicht die billigen Baumarktdinger mit dem meist gelben Griff)
Spitzzange (klein)
Saitenschneider
55mm Nuss für die Radlagermuttern (muss in die Nabe passen ggf. abdrehen)
Seegerringzange
Rund-, Halbrund-, und Flachfeile
Hammer, 500g
Montiereisen 2Stk.
Reifenabdrücker für den HiLift

auch gut:

Messschieber
Maßband
Reißnadel
Teleskop Magnetstab
Teleskop „Zahnarztspiegel“
Motorstetoskop für die Doktorspiele (prüfen von Lagern etc.)
automatischer Körner (körnt auch, wenn kein Platz für einen Hammer da ist)
Durchschlag 4-8mm
Zentrierdorn für die Kupplung

Akkubohrmaschine (Akku durch Kabel für Anschluss an 12V Bordnetz ersetzt, spart das Aufladen, das Ladegerät und Gewicht)
Bohrersatz HSS-E (1-13mm)
Gewindebohrer (M4-M8, M10x1,25, M12x1,25)
dazu Kernlochbohrer für M4-M8
Windeisen
Senker
Schälbohrer
Puksäge (mit Ersatzsägeblätter)
Hammer klein und groß
Meißel
Fettpresse

Ahnung

2003 haben wir einen HZJ75 gekauft. Das Fahrzeug stammt wohl ursprünglich aus UN Beständen und war zuletzt als Krankenwagen verwendet. Wir haben noch Skalpelle in den Seitenkästen gefunden…
Die Bude ist Baujahr 1991 und hatte damals 125000km runter (zumindest zeigte der Tacho das so an). Bevor es mit dem Teil irgendwo hin ging, haben wir erstmal alles geprüft.
Dazu zählten Dinge wie Bremsen, Radlager, Achschenkellager, Kreuzgelenge, Kupplung, Getriebe, Ventilspiel usw.
Wenn man da so rumschraubt, stellt sich schon recht schnell raus, was man braucht. In jedem Fall waren die Werkstatthandbücher Gold wert (waren auch ähnlich teuer). Neben dem ein oder anderem Kniff sind dort auch Anzugsmomente usw. beschrieben.
Die Schrauberei an sich ist kein wirkliches Problem, es sei denn, man hat tatsächlich zwei linke Hände.

Ins Getriebe schauen

Ins Getriebe schauen

Das Schrauben an der Karre hat gleich meherere Vorteile:

1. Man lernt die Mechanik, deren Funktion und Reparatur kennen.
2. Man kann (Verschleiß-)Teile vor der Reise tauschen, die vielleicht nicht mehr die Besten sind (z.B. Kupplung, Bremsen)
3. Man stellt fest welches Werkzeug man braucht und welches nicht
4. Es ist einfacher eine Reparatur in der Pampa durchzuführen, wenn man es schon mal unter besseren Bedingungen gemacht hat.
5. Falls man unterwegs in eine Werkstatt fahren sollte (haben da eher schlechte Erfahrungen gemacht) kann man die Arbeiten besser beurteilen
6. Man bekommt eine Idee, welche Ersatzteile man mitnehmen sollte

Kupplung mit gebrochenen Federn (Russland)

Kupplung mit gebrochenen Federn

Ersatzteile

Das ist immer so eine Sache. Murphy`s Law schlägt hier ganz gerne zu. Was soll man mitnehmen? Geht nicht immer genau das kaputt, was man nicht dabei hat?
Kann schon vorkommen, es gibt aber ein paar Dinge, ohne die ich nicht mehr losfahren würde.

Radlagersatz vorne und hinten (Die Lager an sich sind vorne und hinten die gleichen, aber die Dichtungen und Radialwellendichtringe (RWD) sind unterschiedlich
Achsschenkellager vorne
Sicherungsbleche für Radlagermutter vorne
Kreuzgelenke vorne und hinten
Reparatursatz Kupplungsgeber- und Kupplungsgeberzylinder
Alle möglichen RWDs (Diff vorne und Hinten, Antriebswelle Vorder und Hinterachse, Getriebeausgangswellen, PTO (falls vorhanden)
Ersatzbolzen M8 für die Steckachsen hinten und die Freilaufnaben vorne
Kohlen und Laderegeler für die Lichtmaschine
1 Satz PU Buchsen für die Blattfedern (die sind unterwegs manchmal erstaunlich schwer aufzutreiben)

Verbrauchsmaterial

Motoröl
Getriebeöl
Bremsflüssigkeit
ATF (Servolenkung)
WD40 o.ä.
Bremsenreiniger
Fett
2 Komponenten Kleber

Elektrik

verschiedene Quetschkabelschuhe (isoliert und unisoliert)
KFZ Sicherungen (ggf. auch KFZ-Sicherungsautomat)
Kabel, verschiedene Querschnitte
Kabelbinder

Sonstiges

verschiedene Schrauben (Achtung: Toyota hat ab M10 Feingewinde M10x1,25/M12x1,25/M14x1,5)
Blindniete
Kühlerdicht

daneben bildet sich mit der Zeit ein ganzer Haufen Kleinkram der Marke „kann man immer brauchen“.

basteln am Toyota Landcruiser (Neuseeland)

basteln

Hier noch ein kleines Beispiel für „kleine Ursache, grosse Wirkung“:
Es begab sich in Neuseeland, genauer gesagt in den Marlborough Sounds, ganz am Ende der Strasse: Eines der Birfield-Gelenke hatte sich lautstark in seine Einzelteile zerlegt. Diese haben sich dann dermassen im Achsschenkel verteilt, dass die die Lenkung blockierten. Dumme Sache.
So ergaben sich zwei Möglichkeiten:
1. Abschleppen
Gar nicht so einfach mit blockierter Lenkung, da hätten wir schon einen LKW kommen lassen müssen. Das wäre sicher sauteuer geworden.
2. defektes Gelenk reparieren/ausbauen
Kein grosses Ding, nur ein bisschen Sauerei wegen dem vielen Fett. Rad runter, Nabe abgeschraubt, Bremssattel runter, Achsschenkel runter, Brösel raus. Wir hatten keinen Ersatz dabei, als hab ich noch die Antriebswelle rausgezogen. Somit war zwar kein 4×4 mehr drin, aber die Karre fuhr wieder…

Option 2 geht natürlich nur, wenn man entsprechendes Werkzeug dabei hat…

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