…das Land der Nomaden, der Reiter und des wohl berühmtesten Mongolen und Eroberers Dschingis Khan, ist selbst heute nach dem Zerfall des wohl größten, jemals existierenden Reichs, auf jeden Fall immer noch riesig. Verstärkt wird dieser Eindruck auch durch die unendlich scheinende Steppe und der weitem Sicht, in einem Land, „wo man morgens sieht, wer Abends kommt“. Die baumlose Weite ist auch ein Grund dafür, dass man sich „entfernungstechnisch“ leicht verschätzen kann. Auf der anderen Seite kamen wir erstaunlich gut voran. Nicht das wir in ein Rennen verwickelt gewesen wären, aber die Durchschnittsgeschwindigkeit war in den Weiten der mongolischen Steppe höher als in Japan (dort kommt man aber auch wirklich nicht vorwärts – erst recht nicht, wenn man nicht auf den Highways fährt).
Das lag vor allem auch daran, dass es oftmals querfeldein, nur durch die wenigen Berge und Flüsse beeinflusst, fast auf direktem Weg zum Ziel ging – ein Fahren nach Himmelsrichtungen. Auf den 5000km, die wir fast ausschließlich durch die flache Steppe geiert sind, kamen wir besser voran als auf manch löchriger Asphaltstraße, von denen es ohnehin nicht viele gibt.
Hier und da wurden wir von einem Abschnitt neuem Asphalt überrascht, der von den Chinesen aber nur zum Zwecke des Rohstofftransports angelegt wurden, und somit immer in Richtung chinesischer Grenze führte.
Die Mongolei ist abwechslungsreicher als wir vermutet hatten. So entspricht der Osten des Landes am ehesten den gängigen Vorstellungen der unendlichen Steppe mit ihrem ewig blauen Himmel – weite grüne Grassteppe mit sanften Hügeln und spärlicher Besiedlung.
Im Süd-Osten trafen wir auf die Wüste Gobi. Dies ist der einsamste Teil der Mongolei. Die Gobi ist aber alles andere als eintönig oder langweilig. Ständig änderte sich die Landschaft und es war immer auf die Eine oder andere Art schön und interessant. Mal durchquert man eine Steinwüste, dann wird es wieder flacher und trockener um anschließend wenige Kilometer weiter zu Buschland zu werden. Es lagen auf unserem Weg auch Oasen und natürlich das, was man im Allgemeinen für typisch Wüste hält: die Sanddünen „Khongoryn els” (wobei “els” Düne heißt).
Haben die Flüsse Niedrigstand erreicht, sollte man keine Gelegenheit auslassen, um an gutes Wasser heranzukommen. Das Wissen um die Brunnenstandorte kann ebenfalls überlebenswichtig sein.
Vom Süd-Westen bis Norden erstreckt sich das doch recht beeindrucken Altai-Gebirge, welchem wir auf der Westseite gefolgt sind. Während der Norden und Osten buddhistischen und nomadischen Einflüssen unterliegt, bemerkt man hier im Westen den Übergang zur Sesshaftigkeit und den muslimischen Einfluss der mit den Kasachen ins Land kam.
Allen gemeinsam ist die Gastfreundlichkeit. Ebenso die Liebe zu den Pferden und der geübte Umgang mit ihnen – ein wesentlicher Bestandteil der Nomadenkultur, speziell in der Mongolei. Schließlich wurden auf den Rücken der Pferde riesige Gebiete erobert. Auch das bis dahin mit Abstand schnellste und effektivste, funktionierende Informationsaustausch-System basierte auf der Schnelligkeit und Ausdauer der Pferde.
In diesem kargen Landstrich sind auch die Menschen sehr zäh und ausdauernd, waren schon immer auf gegenseitige Hilfe angewiesen. Dabei sind Gäste stets auch eine willkommene Abwechslung in dem beschwerlichen und recht eintönigen Leben.
So wurden wir oft wie selbstverständlich eingeladen. Dabei durften wir kleine Einblicke in ihre Lebensweise und Kultur nehmen – sehr interessant. Es bestätigte sich die Vermutung, dass sich die Ernährung fast ausschließlich auf Hammel, Pferd, Hammel, Kamel und Hammel beschränkt – Fleisch ebenso wie Milch (nicht vom Hammel 🙂 ). Von den Tieren wird alles verwendet und nichts verschwendet, so liefern sie mit ihren Kot auch noch den notwendigen Brennstoff in dieser, zum größten Teil kargen, baumlosen Landschaft. Ebenso ermöglichen sie das Überwinden riesiger Entfernungen – sind also, ein unverzichtbarer Teil ihres Lebens.
Die Milch wird sehr oft vergoren, zu Sahne, Butter oder Quark verarbeitet. Der Quark wird auch getrocknet. Die Mongolen sind sehr genügsam und pragmatisch. Getrocknetes Fleisch und Milchprodukte sind einerseits ein leicht zu transportierender, reiner Energiespender und andererseits eine gut zu lagernde und haltbare Nahrungsquelle. Schließlich ließ das Nomadenleben und zum Teil auch das Klima keinen effektiven Ackerbau zu. Die Mongolen legten keine Felder an und aufgrund dessen entwickelte sich keinerlei Verlangen nach Gemüse. Das ist bis heute so geblieben. Warum sie allerdings auch keine Hühner, Eier und Fisch zur Erweiterung des Speiseplans einsetzen, und warum eine „Milchkonsumgesellschaft“ keinen Käse herstellt, ist für einen „Nichtmongolen“ schwer nachvollziehbar. Wahrscheinlich isses einfach so, dass das vierbeinige Viechzeugs selbständig umher zieht und sich in der Weite selber seine Nahrung und Wasser sucht, oder es gibt ganz andere Gründe… und vielleicht finden sie Käse einfach unappetitlich, wie viele bei uns keine Hammelaugen oder Pferdehoden mögen… 😉
Es muss wohl für die Chinesen der grässlichste Albtraum gewesen sein, als sie die überfallartige Angriffe der mongolischen Reiterhorden erfolgreich abgewehrt hatten und die dann in den Weiten der Steppe verschwindenden Reiter versuchten zu verfolgen.
Für dieses karge Land waren sie nicht gerüstet. Sie fanden schlichtweg nicht genug zu essen, zumindest garantiert nicht das, was einen chinesischen Gaumen entzückt. Dabei essen die Chinesen so einiges Skurriles, aber eben wesentlich abwechslungsreicher.
Die Nomaden sind Selbstversorger und nicht gerade wählerisch. Darin ist sicherlich auch der Grund zu finden, warum es in den Aimak-Zentren – den trostlosen Versorgungskäffern – fast nur so seltsames Zeug wie Weinbrandbohnen (ja, richtig gelesen… tatsächlich aus Deutschland), Bonbons in allen Farben und Formen, Chips und Wodka und russische Pralinen gibt. Diese seltsame Produktpalette sind wohl die „Luxusgüter“ der Nomaden.
Der Himmel über der mongolischen Steppe ist schon auffällig oft blau – der oft beschriebene „ewig blaue Himmel“ eben. In der Gobi haben uns die vielen kurzen, aber dafür heftigen Gewitter überrascht.
Ebenfalls hatten wir gut daran getan, uns vor dem Mongolei-Besuch einen Erdanker für die Seilwinde zu besorgen. Genauso dünn wie das Land besiedelt ist, genauso wenig Bäume gibt es auch. Die sind aber sehr von Vorteil wenn man sich mal festgefahren hat. Dann jedes Mal das recht wuchtige Ersatzrad als Anker einzugraben, ist in so einer Situation nicht unbedingt das, was man will. Fast alle Autoreisenden die wir unterwegs getroffen hatten, waren in solch einer Situation und konnten nur mit großem Aufwand und Fremdhilfe geborgen werden. Einen Automobil-Club mit Abschleppfahrzeugen gibt es in solchen Gegenden nicht, auch schon wegen dem schlechten Telefonempfang nicht 😉
Aufgrund der weitläufigen und dünnbesiedelten Steppe haben wir, bis auf unzählige im Boden lebende Nager, Eidechsen, Geckos und ein paar vereinzelten Antilopen-Arten nur wenige, nicht domestizierte, Viecher gesehen. Wölfe sind uns leider nicht über den Weg gelaufen, genau so wenig wie die mit ihrem „Rüssel“ seltsam anmutenden, fast ausgestorbenen Saiga-Antilopen.
Wir hatten das große Glück ein Naadam-Fest, das wichtigste Fest im Jahr, mit zu erleben. So konnten wir, wirklich beeindruckt, sehr junge Mädels und Jungs beim Pferderennen mit dem Auto begleiten. Leider war die Gastfreundlichkeit dann so überschwänglich, dass wir uns doch vom „Acker“ machen mussten, weil es sich schließlich zu viel um Alkohol drehte. Nicht das wir nicht gerne mal mittrinken – wahrlich nicht, aber es nahm einfach überhand.
Das Alkohol-Problem ist leider nicht selten und es kann bei feiernden Männern unangenehme Ausmäße annehmen.
Landschaftlich war die Gobi sicher eines der herausragenden Highlights in der Mongolei und auf der bisherigen Reise. In der Graslandschaft ist die Luft von frischem Kräutergerüchen erfüllt. Manchmal bildete sich ein Teppich aus unendlich vielen Edelweiß. Auch nicht außer Acht lassen darf man den positiven Umstand, dass es eigentlich überhaupt keine Plagegeister wie Insekten gibt.
Nur unsere Field Gourmet Cuisine hat keine einschlägige Inspirationen erlebt. Wir mussten öfter als üblich auf unsere Notreserven zurückgreifen und bei jeder Gelegenheit, wenn es mal Gemüse gab, oder zumindest etwas was so aussah, zugegriffen. Die Wasserversorgung war etwas aufwändiger, als wir es bis dahin gewohnt waren.
Für die Meisten ist die Mongolei sicher nicht gerade ein kulinarisches, aber dafür ein außergewöhnliches und fantastisches Erlebnis. Viel Einsamkeit, viel Platz, ungewöhnliche Landschaften und Natur, freundliche Menschen, interessante Lebensweisen und Kultur, gespickt mit Abenteuer und Action – definitiv mal was anderes…
… aber immer mit einer leichten Vorahnung, was es denn am nächsten Tag wieder zu essen geben wird. Geschadet hat es uns nicht, im Gegenteil … 😉
Wir haben die Mongolei als ein interessantes und … ja doch, muss man so sagen – abwechslungsreiches Land mit freundlichen Menschen erlebt. Hilfsbereitschaft und Gastfreundlichkeit sind oberstes Gebot.
Äußerst interessant ist die Mongolei auch, weil die Zeit stehengeblieben zu sein scheint. Das Nomadenleben mit den Tieren, den Jurten-Zelten und dem Zusammenhalt der Menschen hatte sich schon sehr lange bewährt und ist ausgereift. Große Veränderung erachten sie anscheinend als nicht unbedingt notwendig. Draußen in der Steppe ist (noch) nicht allzu viel zu spüren von dem Drang nach stetiger Weiterentwicklung. Dies macht wohl das eigentlich Besondere an einem Mongoleibesuch aus. Es bleibt zu hoffen, dass es immer welche geben wird, die die Traditionen aufrechterhalten, pflegen und vor allem leben…